Busfahrer in Shorts

Busfahrer in Shorts 

Aus: Ein perfekter Freund von Martin Suter, diogenes, 2002

„Busfahrer in Shorts“, sagte Fabio, „das ist wie Zugführer, die Kaffee servieren. Es untergräbt die Autorität.“ „ Ein Busfahrer braucht doch keine Autorität zu sein.“ „Im Busfahren schon.“ Fabio ist davon überzeugt, dass der Fahrer in Shorts schlechter fährt und dass man einmal etwas über die Wirkung der Berufskleidung auf ihren Träger schreiben sollte: „Wen, glaubst du, wollen die Ärzte mit ihren Kitteln beeindrucken? Die Patienten? Falsch. Sich selbst.“

Die (Berufs-) Kleidung ist Zeichen der Rolle, die ich in einem bestimmten Kontext einnehme, des Status und eben der Autorität.  Sie wirkt, auf die Umwelt wie auf den Träger. Die Frage, wie das entsteht, ähnelt der nach der Henne und dem Ei: Hat ein dunkler Anzug zunächst eine Wirkung auf den Träger, der schon im Anziehen seine Haltung, seinen Ausdruck ändert und damit eine autoritäre Wirkung auf seine Mitmenschen hat? Oder steht die Wirkung auf andere an erster Stelle und deren Reaktionen im Sinne von Zuschreibungen fördern die Autorität?

In jedem Fall dürfte schnell eine Spirale an Transaktionen einsetzen, die von vielen kleinen und mittleren, verbalen und nonverbalen Signalen gekennzeichnet ist.

Wir können uns über diesen Zusammenhang ärgern oder ihn nutzen, ignorieren oder damit spielen. Es kann nicht schaden, immer wieder von der Metaebene zu beobachten, welche Mechanismen gerade wirksam sind.

Zurück

Weitere Artikel