Die besondere Traurigkeit von Zitronenkuchen

Von Aimee Bender, Berlin Verlag, 2012

Rose kann in den jeweiligen Gerichten schmecken, mit welchen Gefühlen der Koch sie zubereitet hat. Ein Stück Zitronenkuchen schmeckt nach Traurigkeit, ein Sandwich nach Verliebtheit, von einem Keks schmeckt sie, dass er mit Zorn zubereitet wurde. Und bei den Menschen, die ihr näher sind, erkennt sie nach und nach die Geschichte dahinter. Sie entdeckt ihre Gabe mit acht Jahren, und ist schrecklich irritiert. Sie weiß für ihre Begriffe viel zu viel von den Menschen um sich herum. Die ältere Rose versucht, auf die Menschen einzugehen, stellt Fragen und erntet oft die Gegenfrage „woher weißt du das?“ oder „wie kommst du darauf?“.

Was nützt das Wissen, wenn es nicht offen ausgesprochen wird?

In der Vorbereitung auf Workshops oder Teamtage, geben die Initiatoren zuweilen Hinweise: Dieser im Team sei schwierig, jener schnell beleidigt, eine Dritte hat immer die guten Ideen usw.

Nützt das? Ich denke, es ist hilfreich, wenn es um schwierige, möglicherweise schmerzhafte Themen geht. Dann hilft eine besondere Sensibilität. Und bei Hinweisen, die eher Verhalten und Hypothesen betreffen? Sie engen die Perspektive ein. Die Frage ist ja eher: welches Bedürfnis steckt hinter dem Verhalten? Wie können wir diesem (und anderen) im Workshop Raum geben? Mal abgesehen davon, dass sich meine Erwartungshaltung transportiert und genau das Verhalten des Gegenübers zutage fördert.

Egal, ob Vor-Informationen durch die Führungskraft oder Einzelgespräche im Vorfeld. Erweisen sich Themen, Verhaltensweisen, Einstellungen als relevant, ist es wichtig, diese in der Runde aussprechen zu lassen. Als Moderator bin ich nicht dafür verantwortlich, Bericht zu geben, sondern eine vertrauensvolle Atmosphäre und Raum zu schaffen, die Themen zur Sprache bringen zu können. Das ist die Basis für ehrlich gemeinte Lösungen.

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