"Erna, der Baum nadelt"

„Erna, der Baum nadelt!“

Ein botanisches Drama am Heiligen Abend von Robert Gernhardt, Bernd Eilert, Peter Knorr im Frankfurter Original, S. Fischer Verlag GmbH, 5. Auflage Juni 2006

Erna! – Schorsch? – Erna, de Baum nadelt! – Waas?! Ach, des gibt´s doch net. De Baum nadelt? - … - Kinner, … kommt mal her! - … - Ei, Schorsch, was mache mer dann jetzt? - … - Soll isch emal zum Schmidt nuff? Des is doch en praktischer Mensch? - …- Nabend, ich hab grad im Treppenhaus gehört… - … - Rufen Sie doch mal den Notdienst an. - … - Vom Botanischen Institut, die müssen doch mit sowas Bescheid wissen. – Ei, du liebe Zeit, er nadelt ja immä noch. - … - Häussler vom Tageblatt. - … - Lass gut sein. Isch glaub, ebe hat er uffgehört. – Wos? Nadelt er nimmeh? – Naa. Uff aamol. – …. – Na dann gehe mer doch,… - Erna, des war e Ding, was? - … - Un jetzt guck´en dir e mal aa. Wie er so friedlisch da steht. Wie wann nix gewese wär, de Baum.

Das ist, zugegeben, eine sehr knappe Zusammenfassung des botanischen Dramas. Der Kern ist: Der Baum nadelt und keiner weiß, was zu tun ist. Erna und Schorsch rufen Kinder und Nachbarn. Zufällige Zeugen bleiben neugierig stehen, ein Reporter kommt und schließlich der botanische Notdienst. Kurz bevor das Fernsehen gerufen wird, hört der Baum mit dem Nadeln auf.

Und dann? - Nichts.

Die vermeintlichen Helfer wie der praktische Herr Schmidt und der botanische Notdienst erweisen sich nicht wirklich als hilfreich, das Tageblatt wird berichten. Die zufälligen Zuschauer verstreuen sich wieder. Niemand tut etwas. Der Baum hört von selbst wieder auf. Die Aufregung auch. Am Ende steht der Baum nackt ohne Nadeln da, aber das scheint keinen zu kümmern.

Dafür, dass alle das Problem so groß erleben, überlegen und planen die Beteiligten erstaunlich wenig für eine Lösung. Der Prozess wird bestaunt, die Aufregung genossen, ein schrecklich schönes Abenteuer erlebt, aber mit dem neuen Zustand scheint man sich zu arrangieren. Manchmal reicht das.

 

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