Im Kaffeehaus

„Ins Kaffeehaus gehen Leute, die allein sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen.“

Alfred Polgar, österreichischer Schriftsteller, 1873 – 1955

In Österreich haben Kaffeehäuser natürlich ihre eigene Tradition, aber auch in Berlin und heutzutage sehe ich oft einzelne Gäste mit der Zeitung, einem Buch oder ihrem Notebook in den Cafés.

Eigentlich sind Stimmengewirr und Kaffeemaschine Störfaktoren, die ablenken. Gleichzeitig sind sie relativ gleichförmig, so dass dies eher ein „Hintergrundrauschen“ ausmacht. Es vermittelt das Gefühl, nicht allein, sondern Teil einer Gemeinschaft zu sein – die mir aber gleichzeitig so viel Raum lässt, mein eigenes Interesse zu verfolgen. Es ergeben sich auch kurze Gesprächs-Sequenzen über die Tische hinweg, z.B. wenn es um eine Empfehlung für ein Stück Kuchen geht oder jemand seinen Hund im Weg wähnt.

Diese Sequenzen sind von einer besonderen Leichtigkeit und auch Freundlichkeit. Aber immer ist implizit klar, es geht nicht um den Kontakt als solchen, sondern das Gespräch ist ein „Nebenprodukt“. Als Hauptsache hat ja jeder hat sein eigenes Buch, Zeitung,...

Nicht umsonst spricht man von der Kaffeehaus-Kultur. Die Gäste, die sich in ein Café begeben, das von solcher Kultur geprägt ist, wollen Teil dessen sein, wissen um Rituale, haben Zeit, kennen die Spielregeln. Unternehmen leben auch eine spezifische Kultur mit Werten, Normen, Ritualen und Spielregeln. Manchmal ist die Gemeinschaft nicht so freiwillig wie im Kaffeehaus.

Aber das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein, ist auch in Unternehmen relevant. Das komplementäre Bedürfnis, als  Individuum wahrgenommen zu werden und zu agieren, genauso. Das sind für mich zentrale Elemente des Begriffs Kultur.

Zurück

Weitere Artikel