Sorry, we don´t have enough Eierlöffel

Ein Adventswochenende in einem Harzer Hotel. Die ganze Großfamilie beim Frühstücksbuffet. Neben dem Korb mit den Frühstückseiern ein Korb mit Esslöffeln. Und auf die Frage, ob es denn auch kleinere Löffel gibt, kommt (tatsächlich auf Englisch) die Antwort „Sorry, we don´t have enough Eierlöffel.“. Es gab weder Tee- noch Eierlöffel.

Was haben die Servicekräfte unternommen? Für die Eier wurden Esslöffel bereit gestellt und auf den Tischen sind Kuchengabeln an den Tassen gedeckt worden. Und bei diesen interessanten Lösungen lassen sich für mich zwei zentrale Kriterien erkennen: wie pragmatisch ist eine Lösung und wie passt sie in das Umfeld und die Kultur?

Ein großer Esslöffel zum Eieressen ist ziemlich unpraktisch, das können Sie sich denken, weil das Ei nun mal kleiner ist und das nur funktioniert, wenn es ziemlich hart ist und nicht am Löffel vorbeikleckert. In Umfeld und Kultur passte die Lösung wohl so einigermaßen, da sich ein kleiner Löffel und ein großer Löffel nicht prinzipiell unterscheiden.

Die zweite Lösung, mit der Kuchengabel seinen Kaffee umzurühren, ist höchst pragmatisch. Die Kuchengabel erfüllt diesen Zweck wunderbar. Nun bitte ich Sie, das direkt einmal auszuprobieren. Obwohl die Lösung so praktisch und sinnvoll ist, ist es ein komisches Gefühl, mit der Gabel den Kaffee zu rühren, oder? Es gibt keinen „vernünftigen“ Grund dafür, aber es ist Teil unserer Kultur, dafür einen Löffel zu benutzen.

Der kulturelle Hintergrund wird in diesem Fall - eine Gabel statt eines Löffels – sehr plastisch. Im Gegensatz dazu wird bei abstrakten, konzeptuellen Lösungen in der Projektarbeit die Diskrepanz zu Umfeld und Kultur oft nicht direkt sichtbar. Da sind viele geneigt, der pragmatischen Lösung, die sich vernünftigerweise so sehr anbietet, zu folgen. Eine schlechte Passung in Umfeld und Kultur wird dann erst nach und nach erkennbar - an Diskussionen, Widerständen und Nachbessern der Entscheidung.

Besser wir lenken früher das Augenmerk auf die Frage, wie eine Lösung in die Kultur passt. Denn am Ende kann die zweitbeste „vernünftige“ Lösung, die jedoch in Umfeld und Kultur passt,  sehr viel passender, nachhaltiger und wirkungsvoller sein – sie wird eher umgesetzt.

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